Stark bleiben als pflegender Angehöriger -Tipps zur emotionalen Selbstfürsorge

Antje Ziller

Anlässlich des Internationalen Tags der Pflege

Pflegende Angehörige leisten Tag für Tag Außergewöhnliches – oft im Stillen, oft unbeachtet, aber mit einer tiefen Verbundenheit zu den Menschen, die ihre Hilfe benötigen.

Der Internationale Tag der Pflege erinnert nicht nur an professionelle Pflegekräfte, sondern auch an die Millionen Menschen, die ihre Partner, Eltern oder andere Familienmitglieder im häuslichen Umfeld versorgen.

Diese Aufgabe verlangt nicht nur körperliche Präsenz, sondern auch enorme emotionale Kraft. Doch genau diese Ressource ist nicht unerschöpflich. Damit Sie als pflegender Angehöriger langfristig stark bleiben, ist eines zentral: emotionale Selbstfürsorge.

Warum Selbstfürsorge kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist

Viele Angehörige stellen die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person über ihre eigenen – aus Liebe, aus Pflichtgefühl oder schlicht aus Notwendigkeit. Doch auf Dauer droht dabei eine emotionale Erschöpfung, oft als „Caregiver Burnout“ bezeichnet.

Selbstfürsorge ist deshalb kein Zeichen von Egoismus, sondern von Verantwortungsbewusstsein – für sich selbst und für die zu pflegende Person. Denn nur wer innerlich stabil bleibt, kann langfristig unterstützen.

Sieben Impulse zur emotionalen Selbstfürsorge

1. Erkennen Sie Ihre eigene Belastung an
Viele pflegende Angehörige unterschätzen die emotionale Belastung, der sie ausgesetzt sind. Schuldgefühle, Überforderung, Trauer oder Isolation sind normale Reaktionen – sie zu ignorieren, bedeutet nicht, dass sie verschwinden.

2. Sprechen Sie über Ihre Gefühle
Der Austausch mit Vertrauenspersonen, anderen pflegenden Angehörigen oder einer professionellen psychologischen Beratung kann entlasten. Sie müssen diese Reise nicht allein gehen.

3. Planen Sie regelmäßige Auszeiten ein
Selbst eine halbe Stunde am Tag für einen Spaziergang, ein Buch oder eine Tasse Tee in Ruhe kann einen Unterschied machen. Diese kleinen Inseln der Erholung helfen, emotionale Spannungen abzubauen.

4. Nehmen Sie Hilfe an – und fordern Sie sie aktiv ein
Pflege darf keine Einzelleistung sein. Prüfen Sie Angebote von Pflegediensten, Tagespflege oder Entlastungsleistungen. Auch Gespräche mit Angehörigen über eine fairere Verteilung können helfen.

5. Achten Sie auf Ihre körperliche Gesundheit
Schlafmangel, Verspannungen oder mangelnde Bewegung wirken sich direkt auf die Psyche aus. Ein gesunder Körper ist ein stabileres Fundament für emotionale Belastbarkeit.

6. Reflektieren Sie Ihre Grenzen
Niemand kann alles leisten, auch Sie nicht. Es ist in Ordnung, Aufgaben abzugeben oder zu sagen: „Ich kann das gerade nicht.“ Das ist kein Versagen, sondern Selbstschutz.

7. Erlauben Sie sich, auch weiterhin Mensch zu sein
Freude, Lachen, Hobbys oder Momente der Leichtigkeit sind kein Widerspruch zur Pflegesituation – im Gegenteil: Sie sind notwendig, um psychisch gesund zu bleiben.

 

Der Internationale Tag der Pflege ist ein Moment des Innehaltens und lädt ein, auch sich selbst mit Respekt, Mitgefühl und Aufmerksamkeit zu begegnen. Vielleicht ist heute ein guter Tag, um damit anzufangen. Denn wenn Sie gut für sich selbst sorgen, nähren Sie nicht nur Ihre eigene seelische Widerstandskraft, sondern schaffen zugleich eine liebevolle, vertrauensvolle Atmosphäre für den Menschen, den Sie begleiten.

Indem Sie auf sich selbst achten, legen Sie den Grundstein für echte Verbundenheit, für Geduld und für jene stille Kraft, die Sie brauchen, um dauerhaft für jemanden da zu sein.

Selbstfürsorge ist kein Rückzug – sie ist ein Akt der Fürsorge in beide Richtungen. Ein Geschenk, das Sie sich und Ihrem Angehörigen zugleich machen.

Verfasst von:

Antje Ziller Psychologische Beraterin

Antje Ziller

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